Einfache Arbeit?

Wer heute von Montage redet, nimmt dabei auch gerne den Begriff der „einfachen Arbeit“ in den Mund. Mit dem Wandel zu einer Wissens- und Dienstleistungsgesellschaft – so die vorherrschende Meinung noch vor einigen Jahren – werde einfache Arbeit zum Auslaufmodell. Aber trotz abnehmender Zahlen in den vergangenen Jahren: Auch zukünftig werden rund eine Million Arbeitsplätze in Deutschland als „einfache Arbeit“ gelten, im Dienstleistungsbereich, in der Logistik und in der Montage. Tatsächlich finden sich in der Montage vergleichsweise viele formal gering qualifizierte, aber gleichzeitig hoch kompetente Beschäftigte: Schließlich bewältigen sie auf Basis ihres ausgeprägten Erfahrungswissens die komplexen Anforderungen in der Montage täglich gekonnt und sichern so die Wertschöpfung am Montagestandort Deutschland.

Wenn man einen oberflächlichen Blick auf den einzelnen Arbeitsplatz und die eigentliche Montagetätigkeit wirft, bekommt man den Eindruck einer einfachen und durch Routine geprägten Arbeit. Aber nicht der einzelne Handgriff ist entscheidend, sondern der gesamte Arbeitsprozess: Qualitätssicherung, Materialfluss, Störungsbehebung (Umgang mit Störungen) und eine kontinuierliche Verbesserung der Prozesse sind Anforderungen, die an jedem Montagearbeitsplatz eine Rolle spielen. Die Ergebnisse unserer Untersuchung zu Erfahrung in der Montage bestätigen das.

Beschäftigte in der Montage sehen sich widersprüchlichen Anforderungen gegenüber: Von einem qualifizierten Routine-arbeiter und von neuen Segmentierungen zwischen einfacher Arbeit und Facharbeit ist die Rede. Aber auch von zunehmend notwendigem Prozess- und Beziehungswissen, Integrations- oder Kontextwissen.

Es geht in der Montage zunehmend um zwei Fähigkeiten:

  1. „das Ganze“ im Blick zu haben (also den Prozess und nicht nur den einzelnen Arbeitsplatz) und
  2. flexibel mit Unvorhergesehenem umgehen zu können.

Beides aber lernt man nicht in Fachbüchern, sondern in der praktischen Arbeit – durch Erfahrung. Montage ist alles andere als „nur“ einfache Arbeit. Erst auf der Ebene des alltäglichen erfahrungsbasierten Arbeitshandelns zeigt sich, was konkret hinter den neuen Anforderungen steckt.

Die Erfahrung der Beschäftigten in der Montage ist bislang der Garant dafür, dass sie den neuen Anforderungen immer wieder aufs Neue gewachsen sind – oft genug, ohne formal qualifiziert zu sein oder eine ausreichende betriebliche Weiterbildung genossen zu haben. Erfahrung aber kann Qualifizierung nicht ersetzen! Die gestiegenen Anforderungen in der Montage erfordern neue Qualifizierungsanstrengungen. Diese aber gilt es mehr denn je „erfahrungsförderlich“ zu gestalten.