Gestalten und Optimieren

Eine laufende Gestaltung und Optimierung der Prozesse ist ohne das spezifische Erfahrungswissen des einzelnen Montagearbeiters nicht denkbar. Viele Unternehmen haben das erkannt und beziehen die Montagearbeiter mehr als früher in die Prozessgestaltung und -optimierung ein. Selbst bei der Anlagenkonzipierung und bei der Verlagerung von Arbeitsplätzen wird das Erfahrungswissen der Montagearbeiter heute – ganz anders als früher – gezielt einbezogen und genutzt. Und schließlich: Ob Kaizen und KVP (kontinuierlicher Verbesserungsprozess) oder betriebliches Vorschlagswesen: Sie alle leben davon, dass die Montagearbeiter ihr Erfahrungswissen einbringen. Und das tun sie.

Erfahrene Mitarbeiter wissen nicht nur um die Relevanz ihres Erfahrungswissens für die Gestaltung, sie sind von sich aus bereit, es einzubringen. Sie betrachten Gestaltung und Optimierung nicht als Sonderaufgabe, sondern als integralen Bestandteil ihrer alltäglichen Arbeit. Beim betrieblichen „Klein-klein“ am eigenen Arbeitsplatz, aber auch, indem sie an übergreifenden Optimierungsprozessen teilnehmen oder selbst welche anstoßen.

  • Gestaltungsbedarf ganzheitlich wahrnehmen
  • Sich bewusst sein, dass das eigene Erfahrungswissen und -handeln Potenzial für Gestaltung birgt
  • Sich an Erfahrungsförderlichkeit als Gestaltungsziel orientieren
  • Gestalten wollen und proaktiv tun
  • Gestaltung als Arbeitsaufgabe und nicht als Sonderaufgabe begreifen

Ist damit schon alles gesagt zum Verhältnis von Erfahrung und Gestaltung bzw. Optimierung?

Leider ist es so einfach nicht. Denn bei keinem anderen Thema wird so deutlich, dass Firmen zwar das Erfahrungswissen ihrer Mitarbeiter anerkennen und nutzen, gleichzeitig aber dessen wahre Qualität oft nicht verstanden haben. Erfahrung ist ja mehr als ein Wissen, das in einzelnen Köpfen „abgespeichert“ ist, dort als Schatz zu heben wäre und dann als explizites Wissen, formal aufbereitet, in Gestaltungsprozesse einginge.Erfahrung ist auch eine besondere Qualität des Handelns, ein Gespür für Material und Abläufe, die frühzeitige Wahrnehmung sich anbahnender Störungen.

Erfahrung sitzt nicht nur im Gehirn, sie „wohnt“ auch im Körper.

Erfahrung ist nicht nur ein Wissen, das quasi nur am falschen Platz sitzt, sondern eine Fähigkeit des Tuns. Man kann es nicht beliebig loslösen von der Person.

Die betrieblichen Prozesse der Gestaltung und Optimierung wie Kaizen sind oft aber so formalisiert, dass sie genau dieses Potenzial nicht (an-)erkennen und damit auch nicht nutzen. Und auch bei den Ergebnissen von Gestaltung – ob es um die Optimierung organisatorischer oder technischer Abläufe geht – spielen Kriterien der Erfahrungsförderlichkeit selten eine Rolle. Mit den aktuellen Tendenzen von top-down-Vorgaben für eine „flexible Standardisierung“ ist das wichtigste Flexibilitätspotenzial in Gefahr: nämlich die Erfahrung der Mitarbeiter. Diese ist lebendig und entwickelt ihr Potenzial nur in Strukturen, die das auch zulassen. Eine Standardisierung der Prozesse darf nicht zu einer Standardisierung der Erfahrung werden.